Keine Freiwilligkeit bei den meisten prostituierten Frauen – Der Staat muss sie schützen
Könnte es sein, dass Profiteure der Prostitution mehr Gehör finden als die Schwächsten unter den prosituierten Frauen[1]? Könnte es sein, dass die Mehrheit der Frauen in der Prostitution nicht freiwillig in der Prostitution sind? Der Landesfrauenrat Baden-Württemberg (LFR BW) bejaht diese Fragen und fordert seit über 10 Jahren das Sexkaufverbot nach dem Nordischen Modell, das Freier kriminalisiert, aber Prostituierte schützt und unterstützt.
„Einer der fundamentalsten Mythen über Prostitution ist die Behauptung der Freiwilligkeit: Frauen wären mehrheitlich freiwillig in der Prostitution. Somit nähmen diese dann die massiven Folgemissstände wie z.B. selbstverletzendes Verhalten, Drogenmissbrauch, körperliche Gewalt, psychische Erkrankungen wie beispielsweise schwere dissoziative Identitätsstörungen ebenfalls in Kauf und blieben weiterhin „selbstbestimmt“ in der Prostitution?“ fragt Verena Hahn, Zweite Vorsitzende des LFR BW. „Rechtlich ist diese angebliche Freiwilligkeit jedoch entscheidend, um die Menschenwürdeverpflichtung des Staates gemäß Art. 1 des Grundgesetzes zu untersuchen: Ohne Freiwilligkeit ist die Politik gefordert aktiv gegenzusteuern.“ Es würde schon helfen, wenn die Verantwortlichen die Möglichkeit der mehrheitlichen Fremdbestimmung in Betracht und dann daraus Schlüsse zögen. Der Mythos der Freiwilligkeit in der Prostitution hielte sich aber hartnäckig, schließlich müsste dann weder den Schwächsten anstatt den Profiteuren der Prostitution zugehört noch gehandelt werden, ist Hahn überzeugt.
Der LFR BW verweist auf neuere Studien aus den letzten zwei Jahren, die diese rechtliche Seite fundiert analysierten (z.B. Mack, Rommelfanger, „Sexkauf – eine rechtliche und rechtsethische Untersuchung der Prostitution“, 2023; Jakob Drobnik, „Nordisches Modell und Menschenhandel“, 2025), und auf die fundierte Kritik an der im Juni 2025 vorgelegten und vom Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend beauftragten Evaluation des Prostituiertenschutzgesetzes.
Ein Sexkaufverbot adressierte die Ursache der Missstände: Prostitution existiert nicht, weil Frauen ihr mehrheitlich nachgehen wollen, sondern weil Männer Prostitution nachfragen. „Erst durch den Sexkauf wird die Prostitution für andere Profiteure zu einem lukrativen Geschäft. Sexkauf ist eine weit verbreitete Form von Gewalt gegen Frauen,“ betont Ute Mackenstedt, Erste Vorsitzende des LFR BW. Daher setzt sich der LFR BW mit seinen 50 Mitgliedsverbänden und über zwei Millionen engagierten Frauen seit 2013 für eine Gesellschaft ohne Prostitution ein und ist seit 2021 Mitglied des Bundesverbands Nordisches Modell.
[1] Wir sprechen hier von Frauen, weil es zum Großteil Frauen sind, die sich in der Prostitution befinden. Das System Prostitution ist ein vergeschlechtlichtes System, insofern, dass es Frauen sind, die die männliche Nachfrage „bedienen“ müssen. Gleichwohl sei darauf verwiesen, dass sich auch Männer und Transpersonen in der Prostitution befinden. Doch auch hier geht die Nachfrage vorranging von Männern aus.