Ältere Beschlüsse: Gesundheit, Pflege

Resolution: Gesundheitsreform: Bittere Pillen für Frauen
Frauen sind durch die Maßnahmen der dritten Stufe der Gesundheitsreform in besonderem Maße betroffen. Wegen ihres durchschnittlich geringeren Einkommens gehören sie im Vergleich zu ihrem Anteil an der Bevölkerung überproportional der gesetzlichen Krankenversicherung ( GKV) an. Durch die Herausnahme von Präventionsleistungen aus dem gesetzlichen Leistungskatalog, die Einschränkungen bei den stationären Kuren sowie durch die erneut verschärften Zuzahlungen zu Arzneimitteln, Kuren und Heil- und Hilfsmitteln werden sie als Patientinnen zusätzlich belastet . Das Prinzip der solidarischen, paritätisch finanzierten GKV wird dadurch in Frage gestellt. Aus der Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage zur frauenspezifischen Gesundheitsver-sorgung ( BT -Drucksache 13/6893) geht hervor, daß die Angebote der GKV an Präventions-leistungen zu 70% von Frauen vor allem mittleren Alters genutzt wurden und daß Zielgruppe von Kuren, insbesondere von Müttergenesungskuren, vor allem Alleinerziehende und Mütter in schwierigen sozialen und finanziellen Lebenslagen waren.
Frauen sind auch als Berufstätige im Gesundheitswesen betroffen. Pflegeberufe sind mit rund 85% weiblichen Beschäftigten eine „Frauendomäne“. Der Gesundheitsreform fallen allein in Baden-Württemberg mindestens 5000 qualifizierte Arbeitsplätze in Kliniken und Kureinrichtun-gen zum Opfer.Weitere ca. 2000 Arbeitsplätze werden in den Zulieferbetrieben und kurörtlichen Ergänzungseinrichtungen abgebaut. Für 25% der Rehaeinrichtungen wurde für 1996 Kurzarbeit beantragt ,für weitere 15% sind Sozialpläne vorbereitet . Fast 1500 Arbeitsverhältnisse wurden 1996 bereits aufgelöst. Durch den Abbau werden auch die Ausbildungsplätze in den Pflegeberufen betroffen. Es be-steht die Gefahr, daß durch die Sparmaßnahmen ein erneuter Pflegenotstand produziert wird.
Schließlich sind Frauen in der Familie besonders betroffen, da sie den Wegfall von Gesund-heitsvorsorge und Rehabilitation durch vermehrte Pflege von Angehörigen auffangen müssen.
Der Landesfrauenrat fordert:
– in der GKV am solidarischen paritätisch finanzierten Versicherungssystem festzuhalten;
– die Beitragsstabilität durch ein globales Ausgabenbudget der Krankenkassen zu sichern;
– zur Konsolidierung der Einnahmen die Pflichtversicherungs-und Beitragsbemessungsgrenze in der GKV auf das Niveau der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung anzuheben;
– die Weiterbildung in den Pflegeberufen durch die Verabschiedung eines Weiterbildungsgesetzes zu sichern;
– die Pflegeberufe in die „Zukunftsoffensive junge Generation“ der Landesregierung einzubeziehen und zusätzliche Studienplätze hierfür an den Fachhochschulen zu schaffen;
– im Gesundheitsbereich insbesondere in Bezug auf präventive und rehabilitative Angebote geschlechtsdifferenzierte Daten zu erheben;
– bei der Vernetzung der Versorgungsstrukturen den dargelegten Fakten und Forderungen Rechnung zu tragen. (27.06.1997)

Solidarische Krankenversicherung
Der Landesfrauenrat fordert die politischen Entscheidungsträger auf, zu einer solidarischen Krankenversicherung mit paritätischer Finanzierung zurückzukehren und damit eine drohende „Zwei-Klassen-Medizin“ zu vermeiden.
Um dies zu erreichen, muß insbesondere die Einnahmeseite der Kassen durch folgende Maß-nahmen verbessert werden:
– festes Ausgabenbudget für die Krankenkassen, damit die Ausgaben nicht stärker steigen als die Einnahmen (Sicherung der Beitragsstabilität);
– Aufheben der Versicherungspflichtgrenzen (um alle in die Solidargemeinschaft einzubeziehen);
– Anheben der Beitragsbemessungsgrenzen auf das Niveau der Rentenversicherung;
– Sozialversicherungspflicht auch für geringfügig Beschäftigte. (27.06.1997)

Rücknahme der restriktiven Maßnahmen im Bereich der stationären Rehabilitation
Der Landesfrauenrat fordert alle politischen Entscheidungsträger (Bund, Länder) auf, darauf hinzuwirken, daß die restriktiven Maßnahmen im Bereich der stationären Rehabilitation rückgängig gemacht werden. (27.06.1997)

Dauer von Kuraufenthalten, insb. Müttergenesungs- und Mutter-Kind-Kuren
Der Landesfrauenrat fordert die Bundesregierung, die Landesregierung sowie die Krankenkassen auf, die Verkürzung der Kuren auf drei Wochen zurückzunehmen. Der Kuraufenthalt muß weiterhin mindestens vier Wochen betragen, um genügend effizient zu sein. Dies gilt unter anderem für die Frauen besonders betreffenden Müttergenesungs- und Mutter-Kind-Kuren, die von Einsparungsstrategien auszunehmen sind. (27.06.1997)

Beibehaltung des Mutterschutzes und seiner Regelungen in der gesetzlichen Krankenversicherung
Der Landesfrauenrat tritt den Bestrebungen gesetzlicher Krankenkassen, der Bundesärzte-kammer und des Gesetzgebers entschieden entgegen, insbesondere die monetären Mutterschutzbestimmungen (Leistungen) aus den gesetzlichen Krankenkassen herauszunehmen. Statt dessen ist eine Ausweitung und Verbesserung des Umlageverfahrens anzustreben. (27.06.1997)

Gesundheitspolitische Situation von Frauen
Der Landesfrauenrat fordert die Landesregierung auf, in der laufenden Legislaturperiode darzu-stellen, wie Gesundheitseinrichtungen allgemein sowie insbesondere präventive und rehabilitive Angebote von Frauen heute benutzt und zukünftig benötigt werden.
Darüberhinaus fordert der Landesfrauenrat die Landesregierung auf, zukünftig die Datenerhebung für den Gesundheitsbereich grundsätzlich geschlechtsdifferenziert zu erstellen.
Die im 1. Gesundheitsrahmenbericht Baden-Württemberg dargestellten Informationen zur gesundheitlichen Situation der Frau müssen um die entsprechenden differenzierten Daten erweitert werden, um zum einen die konkreten Auswirkungen der Gesundheitsstrukturreform festzustellen und zum anderen zukünftige geschlechtsspezifische Anpassungen initiieren zu können.
Der im „10-Punkte-Programm einer zukunftsorientierten Frauenpolitik“ des Sozialministeriums angekündigte Spezialbericht zur gesundheitlichen Situation von Frauen muß ebenfalls diesen Anforderungen gerecht werden. (27.06.1997)

Arbeitsgruppe „Frau und Gesundheit“ der Landesregierung
Der Landesfrauenrat fordert die Landesregierung auf, eine Arbeitsgruppe zu bilden, die sich mit dem Thema „Frau und Gesundheit“ beschäftigt. Der Aspekt der Prävention soll hierbei besonders berücksichtigt werden. (27.06.1997)

Schulsport und Prävention
Der Landesfrauenrat fordert die Landesregierung auf, durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, daß der Schulsport in vollem Umfang – wie in den Bildungsplänen für die allgemein-bildenden und beruflichen Schulen ausgewiesen – gewährleistet wird. (27.06.1997)

 Ausbildung Pflegeberufe

Sicherung von Ausbildungsplätzen in Pflegeberufen
Der Landesfrauenrat fordert die Landesregierung auf, umgehend wirkungsvolle Maßnahmen gegen den Abbau von Ausbildungsplätzen in den Pflegeberufen zu ergreifen. Es ist vielmehr dafür Sorge zu tragen, daß das Ausbildungsplatzangebot erweitert wird.  Aufgrund der demografischen Entwicklung ist eine steigende Nachfrage nach Pflegedienstleis-tungen zu erwarten. Ein Abbau bestehender Ausbildungsplätze würde einem Mangel an qualifi-zierten Pflegekräften Vorschub leisten und die Chancen auf einen Ausbildungsplatz vor allem für junge Menschen erheblich mindern. (27.06.1997)

Studiengänge für Pflegeberufe
Der Landesfrauenrat fordert die Landesregierung auf, bei der Ausweitung der Studienplätze an Fachhochschulen zusätzliche Studienplätze (mindestens im Umfang von 140) in den Studien-gängen für Pflegeberufe einzurichten. (27.06.1997)

Studiengänge für Pflegeberufe an Universitäten
Der Landesfrauenrat fordert die Landesregierung auf, Studiengänge für Pflegemanagement, Pflegepädagogik und Pflegewissenschaft an den Universitäten auch in Baden-Württemberg umgehend einzurichten. (25.10.1997)

Weiterbildungsgesetz für die Berufe in der Pflege
Der Landesfrauenrat fordert die Landesregierung auf, für die Berufe in der Pflege ein Weiterbildungsgesetz für Baden-Württemberg – analog dem in Niedersachsen – zügig zu verabschieden. (27.06.1997)

Krankenhausversorgung

Geplanter Bettenabbau in den deutschen Krankenhäusern
Der Landesfrauenrat fordert die Landesregierung auf, die Auswirkungen auf die Arbeitsplätze der beruflich Pflegenden durch den geplanten Bettenabbau in den baden-württembergischen Institutionen des Gesundheitswesens im Rahmen einer Expertenanhörung deutlich zu machen und gegebenenfalls Insturmente zu entwickeln, die diese sozial vertretbar machen. Bei dieser Anhörung ist es unbedingt erforderlich, neben den Vertretern und Vertreterinnen der Pflegeverbände auch beruflich Pflegende aus der Praxis zu hören. (25.10.1997)

Krankenhausplanung: Sicherstellung qualitativ hochwertiger wohnortnaher Versorgungsstruktur in der Geburtshilfe in Baden Württemberg
Der Landesfrauenrat fordert die Landesregierung auf, die Krankenhausplanung so auszugestalten, daß die qualitativ hochwertige wohnortnahe Versorgungsstruktur in der Geburtshilfe in Baden Württemberg erhalten bleibt.
Im einzelnen fordert der Landesfrauenrat:
1. Von der Richtzahl 500 als Minimalforderung für die jährliche Entbindungszahl eines Krankenhauses abzulassen.
2. In der Krankenhausplanung den Bedarf für die Geburtshilfe und Geburtsmedizin zukünftig jeweils getrennt nach unterschiedlichen Kriterien festzulegen und die Strategie der Konzentration der Angebote nur in der Geburtsmedizin (Risikogeburten) anzuwenden.
3. Neue auch ambulante Konzepte in der Geburtshilfe zu erarbeiten, die auf der Weiterentwicklung der Krankenhäuser zu wohnortnahen Gesundheitszentren basieren und Hebammen einen größeren Verantwortungsbereich zuweisen.(17.10.1998)

Frauen in ärztlichen Gremien
Der Landesfrauenrat fordert die Landesärztekammer Baden-Württemberg auf, bei der Besetzung von ärztlichen Gremien, im Sinne des Landesgleichberechtigungsgesetzes Ärztinnen zu berücksichtigen. (27.06.1997)