Stellungnahme des Landesfrauenrates Baden-Württemberg zum Entwurf des Staatsvertrags über den Südwestrundfunk (SWR) vom 5. November 2024 – Gleichstellung von Frauen und Männern gestalten und absichern, gerade JETZT!

der Landesfrauenrat Baden-Württemberg begrüßt ausdrücklich die in der Präambel  dezidierte Bestärkung der wichtigen demokratischen und integrierenden Funktion des SWR in unserer Gesellschaft. Diese beinhaltet die Verpflichtung, die gesamte Gesellschaft mit Qualitätsangeboten zu versorgen, die insbesondere dazu beitragen, individuelle und öffentliche Meinungsbildung zu ermöglichen.

Bezogen auf dieses Grundverständnis zum Auftrag des SWR reduzieren wir unsere Anmerkungen auf die wesentlichsten:

Zu § 6, Programmgrundsätze:

  • Der LFR BW begrüßt, dass die Programmgrundsätze in Gänze beibehalten werden. Diese Grundsätze sind zeitlos gültig und eine tragende Säule eines demokratisch verfassten öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Zu § 13 Abs.4, Organe, Allgemeine Bestimmungen:

  • Die Amtszeitbegrenzung für Rundfunk- und Verwaltungsrat birgt Probleme und sollte gestrichen werden.

Die Medienpolitik ist komplex, die Anforderungen an die Rundfunkräte und Rundfunkrätinnen steigen stetig, insbesondere durch die digitale Transformation, die technologischen Entwicklungen und die Herausforderungen der sich stark verändernden Medienlandschaft durch die dritte große Medienrevolution. Dies gilt ebenso für die sehr umfangreichen Qualifizierungseinheiten, die für Fragen der qualitativen Programmbeobachtung unerlässlich sind.

Um diese Aufgabe zu erfüllen, der Geschäftsführung auf Augenhöhe zu begegnen, die zunehmenden Anfeindungen und lancierten Programmbeschwerdewellen sachlich und fundiert zu bearbeiten, braucht es viel Expertise. Es braucht im Ehrenamt deutlich länger, um eine solche zu erlangen, als dies in einer hauptberuflichen Position möglich wäre.

  • Der LFR BW hält die Amtszeitbegrenzung daher für verzichtbar. Die entsendenden Organisationen sollten beurteilen, ob ihr jeweiliges Mitglied seinen Auftrag erfüllen kann und erfüllt, unabhängig von der Dauer.

Zu § 14, Zusammensetzung des Rundfunkrats:

  • In Abs. 2, Ziffer 10 neu wird der LFR BW einem „Korb“ zugeordnet, die feste Mitgliedschaft wird gestrichen. Dieses Vorhaben ist für uns nicht nachvollziehbar. Der LFR BW vertritt im Unterschied zu vielen anderen Verbänden überparteilich und überkonfessionell die Interessen der in den über 50 Verbänden organisierten Frauen in BW, somit weit über 2,5 Mio. sich engagierenden Frauen in BW. Die Hälfte der Bevölkerung sind Frauen, die aber weiterhin gerade in Gremien und in Parlamenten, im Landtag nur mit gut 30% vertreten, unterrepräsentiert sind.

In den Programmgrundsätzen wird explizit darauf hingewiesen, dass der SWR die Gleichberechtigung von Frau und Mann fördern soll. Dies geschieht aber nicht von selbst, wir müssen die Ursachen kennen und benennen, denn das oft weiterhin stereotype Frauen- und Familienbild ist von zentraler Bedeutung für die Umsetzung des aktiven Gestaltungsauftrags der Geschlechterverhältnisse an den Staat, Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG. Soziale Missstände wie die Lücken („Gaps“) in der Gleichstellung sind nur die Symptome und leider bei weitem nicht beseitigt, sondern verschlechtern sich gerade wieder massiv (siehe Gewaltstatistik gegen Frauen). Diese Missstände sind weiterhin strategisch und effektiv zu bekämpfen und zu beseitigen, beispielsweise die Verbesserung der Repräsentanz von Frauen in den Medien, der Expertinnen aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft im Sendungsangebot.

Die Streichung des eigenständigen Sitzes für den LFR widerspricht auch dem Ziel und Vorhaben der Landesregierung, die umfassende Gleichstellung von Frauen und Männern in allen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, wissenschaftlichen, kulturellen und digitalen Belangen zu fördern.

  • Die Mitwirkung des LFR BW bei der Beachtung der Programmgrundsätze des SWR ist daher dringend abzusichern und für den LFR BW weiterhin ein eigenständiger Sitz im Rundfunkrat des SWR beizubehalten.   
  • In Abs. 9 ist die Altersgrenze von 25 Jahren zu eng. Hier sollte dieselbe Zielgruppe für das von den Bundesländern beauftrage Angebot FUNK, somit bis 29 Jahren, zugrunde gelegt werden.
  • Die Altersgrenze ist auf 29 Jahre anzuheben.

Zu § 20, Abs. 1 und 2, Zusammensetzung des Verwaltungsrats:

  • Abs. 1, Satz 1: Die Festschreibung der beruflichen Anforderungen an die vom Rundfunkrat zu wählenden sachkundigen Personen blenden die gesamten im Ehrenamt oder durch sonstiges Tun erworbenen Kompetenzen und Schlüsselqualifikationen aus. Im Widerspruch dazu stehen die Vertretungen der Landesregierungen und Landtagsfraktionen: Hier wird kein Berufsprofil vorausgesetzt. Und das aus gutem Grund: Abgeordnete, wie auch andere Bürger und Bügerinnen erwerben im Lauf ihres Lebens vielfach Kompetenzen, die sie für das verantwortungsvolle Amt im Verwaltungsrat qualifizieren. Dies trifft unbestritten auch für zahlreiche ehrenamtlich geführte Vereine, Stiftungen  und Aufsichtsräte in gGmbHs zu.
  • Aus Sicht des LFR BW sollte der Rundfunkrat entscheiden können, welche Personen er für geeignet hält und keine starren Vorschriften einführen. Bestimmte Erfahrungen sollten allenfalls als Soll-Vorschrift aufgenommen werden.
  • Abs. 2, Satz 2: Die Vorgabe einer Mindestquote bei der Besetzung des Verwaltungsrats ist unverzichtbar, wollen wir sicherstellen, dass in dieser verantwortungsvollen Aufsichtsfunktion Männer und Frauen gleichberechtigt sind.
  • Die Streichung des Satzes 2 ist rückgängig zu machen.

Wir appellieren an Sie, Regelungen, die die Bedürfnisse und Notwendigkeiten von Mädchen und Frauen in Baden-Württemberg betreffen und eine geschlechtergerechte Chancengleichheit ermöglichen, nicht zu streichen.