Protest von Landesfrauenrat und Verbänden zum CDU-Beschluss gegen Reform des Landtagswahlrechts

Nicht nur der Landesfrauenrat als Dachverband der Frauenorganisationen, auch zahlreiche Einzelverbände haben inzwischen ihren Protest gegen den CDU-Beschluss gegen die Reform des Landtagswahlrechts öffentlich gemacht.

Dazu gehören die Frauen Union der CDU – und der Katholische Deutsche Frauenbund.

Die Vorsitzende der Frauen Union, Dr. Inge Gräßle MdEP, sagte gegenüber der Stuttgarter Zeitung (23.01.2018): „Die Abgeordneten haben eindrucksvoll gezeigt, dass Politiker nur an sich denken, (…) Es war eine Abstimmung zulasten all derer, die nicht im Parlament sind.“ In ihrem Schreiben an den Kreisvorsitzenden der CDU Baden-Württemberg erinnert Gräßle daran: „Der Passus im Koalitionsvertrag ist uns nicht von den Grünen aufgezwungen worden: Bereits während der Koalitionsverhandlungen und vor Unterzeichnung des Koalitionsvertrags haben sich CDU Landespartei und CDU-Landtagsfraktion nach mehreren Gesprächen geeinigt, dass es a) eine Reform des Wahlrechts geben soll, dass b) auch in Zukunft bei einer Stimme bei der Landtagswahl bleibt und c) dass die Zweitauszählung in Zukunft über eine Landesliste und nicht mehr über das bisherige System erfolgen soll. Ich habe an diesen Sitzungen für die Frauen Union als Mitglied der damaligen Sondierungsgruppe teilgenommen und bin überrascht, dass dieser damals erzielte Kompromiss heute in Frage gestellt wird. (…) Die Fraktionen von Grünen und CDU sind mit Parteitagsbeschlüssen beauftragt, den Koalitionsvertrag umzusetzen. Dies fordern wir ein und bitten um Unterstützung.“

Für die ASF Baden-Württemberg stellte deren Vorsitzende, Andrea Schiele in ihrer Pressemitteilung am 24.01.2018 fest:
„Wir Frauen sind enttäuscht, aber keineswegs überrascht, da sich hier nur das widerspiegelt, was seit Beginn der Debatte um eine Wahlrechtsreform in Baden-Württemberg inhaltlich abläuft. Die Argumente derer, die eine Reform verhindern wollen, haben sich nicht geändert“, so Schiele. Die ASF fordert seit langem die zusätzliche Einführung von Landeslisten nach dem Vorbild der Bundestagswahl, um den Frauenanteil im Landtag zu erhöhen. Wie sich bei der letzten Bundestagswahl aber zeigte, sei eine Stabilisierung eines dann repräsentativen Anteils an Frauen ohne ein Parité-Gesetz nicht machbar, so die ASF.

Die AG der LandFrauenverbände Baden-Württembergs haben ihre Forderung nach einer Reform des Landtagswahlrechts  der CDU-Landtagsfraktion in einem offenen Brief übermittelt, über den u.a. die Schwäbische Zeitung am 30.01.2018 berichtete.

Der DGB Baden-Württemberg kritisierte in seiner Pressemeldung vom 24.1.2018 die geschlossene Ablehnung der CDU-Landtagsfraktion in Sachen Wahlrecht scharf. „Die CDU-Fraktion erweist sich einen Bärendienst. Sie stößt die Wählerinnen und Wähler mit ihrem Demokratieverständnis von anno dazumal vor den Kopf. Gerade in Zeiten, in denen die demokratischen Parteien von Rechtspopulisten als Establishment gebrandmarkt werden, gilt es, die Demokratie zu stärken. Hierzu gehört ein Wahlrecht, das eine echte Repräsentanz der Bevölkerung in den Parlamenten ermöglicht. Wie sollen mehr Frauen ins Parlament gewählt werden, wenn diese gar nicht zur Wahl aufgestellt werden? Wie wirkt es auf die Menschen, wenn Koalitionsvereinbarungen einfach beiseitegeschoben werden? So fördert man Politikverdrossenheit“, sagte Gabriele Frenzer-Wolf, die stellvertretende DGB-Landesvorsitzende.  Der DGB-Landesvorsitzende Martin Kunzmann sagte am 31.1.2018 zu dem Streit in der CDU in Sachen Wahlrechtsreform: „Mit Vesperrunden erreicht man nicht mehr Glaubwürdigkeit bei den Wählerinnen und Wählern. Dies geht nur mit Verlässlichkeit. Vereinbarungen im Koalitionsvertrag müssen eingehalten werden.“

Der DGB Baden-Württemberg fordert seit langem die zusätzliche Einführung von Landeslisten, damit die Quotierungsregelungen der Parteien überhaupt wirken können. Kein anderes Bundesland leiste sich ein derart antiquiertes Wahlrecht.

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