Luise Rist

LUISE RIST

LEBENSDATEN
28.02.1877 – 10.09.1955

Kämpferin für Gleichberechtigung

ERINNERUNGSORT
Rottweiler Gefängnis, Hintere Höllgasse 1, 78628 Rottweil

Am 28. Februar 1877 kam Luise Josefine Rosina als Älteste von fünf Kindern des Ehepaares Heinrich und Stephanie Freyler in Rottweil zur Welt. Ihr Vater bekleidete als Techniker eine hohe Stellung in der Rottweiler Pulverfabrik, die Mutter war die Tochter des Kaufmanns Johann Wernz und Schwester von Kirchenrechtler und Jesuitengeneral Franz Xaver Wernz.

Durch die berufliche Tätigkeit ihres Vaters im Zweigwerk Düneberg der Pulverfabrik verbrachte Luise ihre Kinderjahre in Geesthacht und besuchte dort die Volksschule. Zurück in Rottweil absolvierte sie die private Höhere Töchterschule, eine weitere Ausbildung erhielt sie bei den Englischen Fräulein in Lindau. Am 27. April 1897 heiratete sie den zwölf Jahre älteren Josef Rist, Professor an der Kunstakademie Stuttgart.

Luise Rist war eine der führenden Frauen des 1903 in Köln gegründeten Katholischen Frauenbundes. Am Aufbau des ersten Zweigvereins der Diözese Rottenburg in Stuttgart, der am 24. Januar 1917 gegründet wurde, war Luise Rist beteiligt. Schon bald wurde sie Vorsitzende und gehörte damit zugleich dem Zentralrat in Köln an. Luise Rist legte großen Wert auf die hauswirtschaftliche Bildung von Frauen und Mädchen, war an der Organisation für Schulungen für Haushaltsführung, für Kurse in Säuglingspflege und Kindererziehung beteiligt. Eine führende Rolle hatte sie in der Kommission für religiöse und pädagogisch-psychologische Bildungsarbeit inne. Beteiligt war sie an der Organisation der Mütterferien, die der Frauenbund einführte. Für ihre Tätigkeit erhielt sie 1925 von Papst Pius XI. den Orden „Pro ecclesia e pontifice“.

Nachdem Frauen das aktive und passive Wahlrecht erhalten hatten, wurde Luise Rist als Kandidatin der Zentrumspartei nominiert. Mit der vierthöchsten Stimmzahl der einunddreißig Abgeordneten des Zentrums wurde sie in die Verfassungsgebende Landesversammlung gewählt. Ab 1920 war sie die einzige Frauenvertreterin in der Zentrumsfraktion und gehörte bis 1933 ununterbrochen dem württembergischen Landtag an. Sie war als Finanzexpertin, im Geschäftsordnungsausschuss, im Sonderausschuss und als Vorsitzende im Bücherausschuss tätig.

Ihr Einsatz galt vor allem den Belangen der Frauen. Neben der Forderung nach gesetzlicher und politischer Gleichberechtigung kämpfte sie für die wirtschaftliche und soziale Gleichstellung der Frau. Sie lehnte jede Benachteiligung der Frauen ab. Daneben widmete sie sich sozialen und kulturellen Themen, dem Gesundheitswesen und der öffentlichen Sittlichkeit. Ab 1929 war sie Vorsitzende des Kuratoriums der Marienanstalt in Stuttgart.

Nach der Auflösung des Zentrums am 5. Juli 1933 musste sie alle Tätigkeiten aufgeben. Sie zog sich zurück und gab aufgrund der politischen Verhältnisse 1936 den Kuratoriumsvorsitz ab. 1944 wurde ihre Wohnung in Stuttgart durch Bomben zerstört. Sie zog zu ihrer Schwester nach Rottweil. Hier wurde sie im Zuge der Inhaftierungswelle nach dem Attentat auf Hitler aufgrund ihrer politischen Tätigkeiten verhaftet und für mehrere Wochen im Rottweiler Gefängnis inhaftiert. Anschließend wurde sie in Rottenmünster in Schutzhaft untergebracht.

Im Herbst 1945 kehrte sie nach Stuttgart zurück. Als einzige Frau unterschrieb sie den Aufruf zur Gründung der CDU, gründete im März 1946 den Frauenausschuss der CDU und wurde zu dessen stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Bis 1952 war sie Mitglied des Landesvorstandes.

Schon 1946 und 1947 trat sie bei den Landeskonferenzen als führende Sprecherin der Frauen auf. Frauen sollten sich politisch orientieren und von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Ebenfalls im Herbst 1945 übernahm wie wieder den Vorsitz über die Zweigvereine des Katholischen Frauenbundes in der Diözese. Seit 1927 war sie ehrenamtliche Mitarbeiterin des Deutschen Volksblattes. Ihr oblag die Redaktion der Frauenbeilage.

1953 erhielt Luise Rist das Bundesverdienstkreuz. Am 10. September starb sie nach längerer Krankheit in einem Altenheim der Sießener Schwestern.

Text von: Cornelia Votteler