GERTRUD WEILER
LEBENSDATEN
25.09.1913 – 21.06.1995
zweite Rathauschefin in Baden-Württemberg
ERINNERUNGSORT
Gertrud-Weiler-Linde mit Gedenktafel, Schlossstraße 17, 71711 Steinheim
Gertrud Weiler, geb. Belz wurde am 25. September 1913 in Steinheim an der Murr geboren. Sie ließ sich neben Hauswirtschaft auch in Stenografie und Maschinenschreiben ausbilden und heiratete 1937 Herbert Weiler aus Marbach. Bis 1939 lebte sie mit ihm in Berlin, anschließend in Wien.
Nach ihrer Rückkehr, ab Herbst 1943, war Frau Weiler bei der Gemeindeverwaltung in Steinheim in Teilzeit, ab Juli 1948 in Vollzeitanstellung tätig. Am 1. September 1953 wechselte sie zur Gemeindeverwaltung in Kleinbottwar. Für beide Gemeinden war Bürgermeister August Scholl damals in einem sogenannten Bürgermeisterleihvertrag tätig. Sein Vertrag wurde mit Beschluss vom 2. September 1955 vom Kleinbottwarer Gemeinderat gekündigt. Scholl war damit nur Bürgermeister von Steinheim, für Kleinbottwar musste die Stelle neu ausgeschrieben werden.
Scholls bisherige Sekretärin, Gertrud Weiler, bewarb sich daraufhin gegen einen männlichen Kandidaten für das Bürgermeisteramt in Kleinbottwar und wurde 1955 mit 67 % der Stimmen auf acht Jahre gewählt. Sie war damit die zweite Rathauschefin in Baden-Württemberg. Ihre Stelle trat Gertrud Weiler am 3. November 1955 an. 1962 erfolgte der Umzug ins neu erbaute Haus in Kleinbottwar. Bei ihrer Wiederwahl 1963 erhielt sie sogar 96 % der Stimmen. Der damalige baden-württembergische Ministerpräsident, Lothar Späth, erinnerte sich gerne an die energische Art, mit der Getrud Weiler ihrer Gemeinde vorstand und die Interessen Kleinbottwars vertrat.
Während ihrer Amtszeit wurde Kleinbottwar als „Dorf der Frauen“ bekannt, denn nicht nur auf dem Rathaus, sondern auch auf dem Postamt, in der Sparkasse, im Mesneramt und in der Bäckerei hatten Frauen die Leitung inne. In einem 1964 vom SWR gedrehten Film wurden die aktiven Frauen in Kleinbottwar gewürdigt und der kleine Ort portraitiert.
Unter der Ägide der „Mutter der Gemeinde“, wie sie am Ort gerne genannt wurde, prosperierte der kleine Ort. Die Einwohnerzahl erhöhte sich während ihrer Amtszeit um ein Drittel von 890 auf 1275 Personen. Die Rathauschefin sah jedoch auch die mangelnden finanziellen Mittel, die einer weiteren Entwicklung im Wege standen. Im Rahmen der Verwaltungsreform entschloss sich der Gemeinderat daher, Kleinbottwar zum 1. Dezember 1971 in den Verwaltungsverband Steinheim einzugliedern. Damit endete die Tätigkeit von Gertrud Weiler, als Kleinbottwarer Bürgermeisterin. Am 3. Dezember 1971 verabschiedete sie sich im Kleinbottwarer Nachrichtenblatt von ihren Bürgern, führte jedoch noch bis April 1972 die Amtsgeschäfte.
Bei der Eingliederungsfeier am 6. Mai 1972 lobte Landrat Dr. Hartmann die konstruktive Vorarbeit, die Getrud Weiler und der Kleinbottwarer Gemeinderat geleistet hatten und hob Maßnahmen hervor, die während der Amtszeit Weilers bereits durchgeführt worden waren: Unter anderem die Erschließung von Baugebieten, Kanalisation und Straßenbau, der Bau von Wasserleitungen und Hochbehälter, Weinbergumlegungen und den Bau eines Kindergartens.
In Anerkennung ihrer Leistung wurde an Gertrud Weilers 75. Geburtstag von Stadt- und Ortschaftsrat eine Gertrud-Weiler-Linde gepflanzt. Auch eine Gertrud-Weiler-Straße erinnert in Kleinbottwar an sie. Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung wurde Gertrud Weiler 1993 an ihrem 80. Geburtstag, zur zweiten Ehrenbürgerin Steinheims ernannt, nach ihrem ehemaligen Chef und Kollegen, August Scholl. Am 21. Juni 1995 ist Getrud Weiler in Ludwigsburg gestorben. Sie wurde in Kleinbottwar beigesetzt.