Maria Andreä – Ort 2

MARIA ANDREÄ

LEBENSDATEN
23.10.1550 – 25.01.1632

Hofapothekerin

ERINNERUNGSORT 1
Dekanat, Altburger Straße 3, 75365 Calw

ERINNERUNGSORT 2
Schuhgasse 4, 71083 Herrenberg

Maria Andreä wird am 23. Oktober 1550 in Herrenberg geboren. Ihre Familie gehört aufgrund der Stellung des Vaters, dem Stadtvogt Valentin Moser, zu einer der einflussreichsten der Stadt. Schon früh verliert Maria ihre Mutter, sodass fortan die Großmutter, Katharina Hiller, sich Marias Ausbildung annimmt. Von ihr lernt sie Lesen und Schreiben sowie Krankenpflege, Arznei- und Kräuterkunde, was schließlich auch ihr Interesse für Wissenschaft, Kunst und Theologie weckt.

Im Alter von 26 Jahren heiratet Maria den Pfarrer und späteren Herrenberger Dekan Johann Andreä. Entgegen des wissenschaftlichen Interesses seiner Frau begeistert sich dieser vornehmlich für Musik und Gesellschaft. Das Paar lebt somit ein durchaus ungewöhnliches Geschlechterrollenmuster vor – was den Sohn und späteren Reformator Johann Valentin Andreä wohl auch zu dem unzeitgemäßen Leitsatz „Die häuslichen Arbeiten werden von Mann und Frau erledigt“ animiert haben dürfte.

Von 1582 bis 1591 lebte die Familie Andreä im Herrenberger Pfarrhaus, hier brachte Maria auch fünf der insgesamt acht Kinder zur Welt. Im Jahre 1601 – Maria Andreä ist gerade einmal 51 Jahre alt – stirbt ihr Mann. Doch der tatkräftigen Frau gelingt es, allein für ihre Familie zu sorgen. Um ihren Söhnen ein Studium zu ermöglichen und ihren Töchtern annehmbare Heiratsoptionen zu verschaffen, siedelt sie mit ihrer Familie nach Tübingen um.

1607 schließlich gibt Maria Andreä den langjährigen Bitten Herzogin Sibyllas von Württemberg nach und wird Vorsteherin in der am Württemberger Hof bestehenden Apotheke. Durch ihre hingebungsvolle Arbeit in der fürstlichen Wohlfahrtseinrichtung, in der bedürftige Kranke unentgeltlich versorgt werden, soll sich Maria Andreä selbst bei den nobilitierten Hofleuten eine nicht zu geringe Hochachtung erworben haben.

Als Freundin und Vertraute der Herzogin folgt Maria Andreä dieser im folgenden Jahr auf ihren Witwensitz in Leonberg. Sie stellt auch dort Arzneien und Heilgetränke für Wöchnerinnen und Kranke her und unterstützt die Herzoginwitwe bei ihren karitativen Aktivitäten. Auch die Bepflanzung des bis heute berühmten Pomeranzengartens wird ihr zu einem nicht unerheblichen Teil zugeschrieben.

Nach dem Tod der Herzogin lebt Maria Andreä abwechselnd bei ihren Kindern, zuletzt ab 1922 bei ihrem Sohn Johann Valentin Andreä in Calw. Im dortigen Dekanatshaus verbringt Maria ihre letzten zehn Lebensjahre und erwirbt sich vermittels ihres sozialen Engagements und ihrer selbstlosen Tätigkeit als Heilkundige in der Calwer Bevölkerung den Ehrentitel „Mutter der Stadt“ bzw. „Mutter Armen“. Doch mit ihrem Tod am 25. Januar 1632 endet gerät auch die „Mutter der Stadt“ immer mehr in Vergessenheit – weder Grab noch Grabstein, weder ein Bildnis noch ihr handgeschriebenes Arzneibuch sind aufzufinden.

Einzig die überlieferten Worte ihres Sohnes Johann Valentin, den dieser auf ihren Grabstein setzen ließ, zeugen von ihrer Bedeutsamkeit: „Maria Moserin, Tochter des Valentin. Außer ihrem Geschlecht hatte sie nichts Weibliches. Sie war eine Frau wie ein Mann: Religiös, herzensgebildet, arbeitsam, gegen Schicksalsschläge gewappnet, bewandert in allen guten und ansprechenden Tugenden einer Ehefrau, eine Mutter der Armen, Witwe des Johannes Andreae, dessen einzigartige Hilfe und Halt sie war, Vorsteherin des württembergischen Apothekenhofs, durch Fleiß, Glaube und Unschuld der Sitten von allen bewundert, in Krankenheilung erfahren.“