JULIE VON HABER
LEBENSDATEN
21.12.1818 – 16.11.1896
Stifterin
ERINNERUNGSORT
Stadtgartenstraße 8, 77704 Oberkirch
Julie von Haber wird am 21. Dezember 1818 in Frankfurt am Main geboren. Ihr Vater ist der jüdische Bankier Leopold Beyfus. Ihre Mutter Babette ist eine geborene Rothschild. 1840 heiratet Julie den jüdischen Karlsruher Bankier Maximilian oder Max von Haber (1808-1882). 1852 kommt Sohn Max zur Welt. Die Familie wohnt zu der Zeit in der Karlsruher Langen Straße – der späteren Kaiserstraße. In den 1850er Jahren erwerben Julie und ihr Mann Grundstücke und Gebäude in Oberkirch und dem benachbarten Winterbach. Vor allem in den Sommermonaten hält sich die Familie nun gerne über längere Zeit im Oberkircher Wohnhaus auf. Auf ihren Gütern lässt das Ehepaar Wein- und Obstbau betreiben. Das Wohnhaus ist von einem Park umgeben, welcher der Bevölkerung offenstand.
1874 stirbt Julies Sohn Max, 1882 ihr Ehemann. Eine Oberkircher Bekannte erwähnt in Briefen in den 1890er Jahren mehrfach die Freundlichkeit Julie von Habers: „Ich sehe sie jede Woche mindestens einmal. Das ist mühsam wegen ihrer Taubheit, die schrecklich ist. Aber sie ist so gutmütig und liebevoll, dass man sich gerne die Mühe macht, aus vollem Hals zu schreien.“
Bald darauf, am 16. November 1896, stirbt auch Julie von Haber. In einem Nachruf in der Zeitschrift Der Israelit ist zu lesen: „Sie war die letzte dieses adeligen Namens, welche nach jüdischem Ritus auf dem israelitischen Friedhofe beerdigt wurde. Die zahlreichen Teilnehmer bei dem Leichenbegräbnisse waren […] fast alle Christen, […]. Wir erwähnen diese Tatsache, weil die Verstorbene, ungeachtet der bei ihr verkehrenden Kreise von christlichen Verwandten und Freunden so viel Glauben-sinnigkeit und religiösen Überzeugungsmut besaß, dass sie sich, wenn auch nicht im orthodoxen Sinne, gerne und freudig als Mitglied der israelitischen Gemeinschaft fühlte.“ Der Artikel spielt darauf an, dass mehrere Geschwister von Julies Ehemann zum Protestantismus konvertiert waren. Weiter wurde in dem Nachruf erwähnt, dass Julie von Haber dem Israelitischen Waisenhausverein 500 Mark und an jüdische Arme 2.000 Mark gespendet habe.
Sehr viel größer war der Betrag, den die Stadt Oberkirch entgegennehmen konnte. Sie erhielt im Jahr 1887 150.000 Mark mit der Maßgabe, das Geld als „Frau Max v. Haber’sche Stiftung“ anzulegen und die Zinsen für wohltätige Zwecke zu verwenden, und zwar zu einem Drittel für Arme, einem Drittel für die Krankenpflege und einem Drittel zugunsten der „Kleinkinderbewahranstalt“.
Die Oberkircher „Kleinkinderbewahranstalt“ oder „Kleinkinderschule“ wurde damals vom Oberkircher Frauenverein betrieben und befand sich in einem baufälligen Häuschen. Dank der Stiftung konnte 1890 in der heutigen Stadtgartenstraße ein Neubau errichtet werden, der spätere Kindergarten St. Raphael. Auch die in Oberkirch lebenden Bedürftigen profitierten von der Stiftung.
Die Stadt Oberkirch wusste das finanzielle Engagement Julie von Habers durchaus zu würdigen und sprach in ihrem Dankesschreiben von einem „wahrhaft fürstlichen Geschenke“. Als Julie von Haber im Jahr nach der Schenkung wieder in Oberkirch weilt, machen Bürgermeister Josef Geldreich und die Gemeinderäte Julie ihre Aufwartung. In der Lokalzeitung Der Renchthäler erscheint am 29. Mai 1888 ein pathetischer Artikel, mit dem Julie von Haber in Oberkirch begrüßt wurde: „Die edle Menschenfreundin und Helferin der Armen, Oberkirchs große Wohltäterin: Frau von Haber, heißen wir herzlich willkommen und senden ihr mit freudigem Herzen unseren ehrerbietigsten Gruß: Willkommen, hohe, edle Frau, / In unserer schönen, grünen Au, / Wir jubeln dankend Dir entgegen: / Gott schütze Euer teures Leben, / ….“